Bilder Symposium 2004 - 2004 Bildhauersymposium
2004 Bildhauersymposium
Zurück nach Europa – Kunst und Natur – Kunst in der Natur
Stefan Calarasanu, Timisoara (RO), – „Zeichen“
Alexandru Citureanu, Bucuresti (RO), – „Alexandrus Mühle“
Maxim Dumitras, Singeorz-Bai (RO), – „Haus Europa“
Günther Ebenbeck, Kallmünz (D), – „Gerät“
Barna Eltes, Budapest (H), – „Vereinigung“
Zsofia Farcas, Szentendre (H), – „Körner“
Gulyas Gyula, Budapest (H), – „Kompas zu Paracelsus“
Die magischen Sieben!
Bei dem diesjährigen Beratzhauser- Bildhauersymposium 2004 stelle ich mit Freude fest, dass es sich sowohl von menschlicher, wie auch aus künstlerischer Sicht um eine totale, runde Einheit handelt. Eine Einheit welche ich genau so empfinde, wie die Zusammenstellung einer Woche, die aus sieben unterschiedlichen Tage besteht, die nicht getrennt betrachtet oder von einander getrennt werden können. Dies, obwohl jeder Tag, in unserem Fall jeder teilnehmende Künstler, einen eigenen Namen und seine eigene Persönlichkeit hat.
Wir betraten vor kurzem gerade dass 21. Jahrhundert, aber alle hier Anwesenden sind im 20. Jahrhundert geboren und tragen somit in sich die Spuren der Erfahrungen des Vergangenen. Dieser Geist ist auch in den hier und heute geschaffenen Kunstwerken festzustellen. Ein Jahrhundert, welches in der Skulptur des 20. Jahrhunderts von Constantin Brancusi (*1876,+1957), ähnlich wie die Skulptur des 19. Jahrhunderts von Auguste Rodin geprägt wurde.
Brancusis geistige Schule zeigt sicht hier:
- durch die perfekte und virtuose handwerkliche Technik der Bildhauerkunst,
- durch die Arbeitsmethode, das direkte Angehen, Behauen und Bearbeiten des Materials von Anfang an,
- durch die Perfektion auch im Detail , etwa wie bei der Durchbildung kleiner Volumina (Ebenbeck Günther) und der Behandlung von Oberflächen ( Gyula Gulyas, Zsofia Farkas),
- durch die Konfrontation mit der Kunst außereuropäischer Kulturen ( starke Betonung bei Stefan Cäläräsan),
- durch die entmaterialisierte Vorstellung oder Vision, die als reine Empfindung und Idee wirkt,
- durch die Entwicklung einer universalen Formsprache ( mit einer Abweichung bei Maxim Dumitras, der sein Refugium in der rumänischen bäuerlichen Holzbearbeitungstradition der Architektur sucht),
- durch die Tendenz zur Aufhebung der Materie und der Eindringung des Raumes in die Skulptur ( Alexandru Ciutureanu und Barna Eltes).
Bemerkenswert ist , dass die Zusammenstellung der Teilnehmer dieses Symposiums aus sieben Künstlern besteht, davon sechs Gäste aus dem Ausland. Von diesen sind vier in Rumänien - vorliebe der Beratzhauser seit 1992 für rumänische Kunstschaffende -, zwei in Ungarn (obwohl es sich eigentlich um drei ungarische Künstler handelt) geborenen. Wieder eine gute Symbiose, wenn ich an den Rumänen Brancusi, Vater der Skulptur des 20. Jahrhunderts denke, dessen heimliche Liebe die Ungarin Fräulein( Mlle.) Pogany und auch sein beliebtestes Modell war. Eine andere Beispielhafte enge Beziehung zwischen den Rumänen Conastantin Brancusi und einer weltweit bekannten ungarischen Bildhauerin die seiner geistigen Schule folgte, war die Bildhauerin Marta Pan, geb.1923 in Budapest. Marta Pan erzählte in einem Gespräch dem bekanntesten Brancusi -Historiker Friedrich Teja Bach folgendes: „ Als ich Brancusi 1948 besuchte, hatte er mir seine Skulpturen gezeigt, indem er langsam von einer zur anderen ging; man hat geschaut und sehr wenig gesprochen. Ich hatte das Gefühle eines sehr direkten Kontakts- während er mir seine Werke zeigte beobachtete er mich, wartete auf Reaktionen. Er zeigte mir den Neugeborenen, indem er dieser Eiform einen Anstoß gab, der sie in eine Bewegung versetzte. Er hatte die Form berührt, sie in eine Balance versetzt und sagte zu mir: „ Ich glaube, dass der Brancisi, C.,Weltenanfag, 1924 Weltenanfang- wohl genau so war“. Seit dieser Zeit liebe ich diese Skulpturen, die sich so wahr und natürlich bewegen. Später habe ich schwimmende Skulpturen gemacht, denen auch eine natürliche Bewegung eigen ist.
In Anlehnung an dieses Geständniss, muss ich an die hier geschaffene Skulptur von Zsofia Farkas denken ,welche indirekt wie Marta Pan sich den plastischen Ausdrucksmöglichkeiten der Pflanzenwelt bedient, um die Gesetzmäßigkeit der organischen Formen zu erforschen.. Farkas geht es aber nicht darum, die naturgegebene Wirklichkeit zu kopieren, sondern die plastische Wesensmäßigkeit dieser Wirklichkeit sichtbar zu machen. Durch die Veredelung dieser hier geschaffenen „Fruchtskulptur“ denkt man aber auch unmittelbar an den „Weltenanfang“ von Brancusi. Ihre Andeutung ist jedoch total anders, man empfindet einen erdgebundenen Anfang, ein baldiges Keimen.
Die geistige Verbundenheit zu Brancusis und die Nähe zu Marta Pan knüpft an die strenge, beharrliche Arbeitsweise von Gyla Guylas. Seine sensible und ausgeglichene, hauchhafte Zusammenfassung von geometrischen und fast organischen Formen führen gedanklich unabdingbar zur vereinfachten Urform . Er schafft hochästhetische Rund- und Raumskulpturen, die hervorragend ausgewogen sind und meist untereinander auf einem einzigen Punkt ruhen. Das Setzen seiner Skulpturen in den Raum oder in die Landschaft vermittelt und strahlt Ruhe aus,lädt zur Meditation ein.
Günther Ebenbeck ist ein hervorragender Künstler der es schafft, mit verschiedenen Materialien wie Holz, Stein und Metall, sowie einfache und unregelmäßige geometrische Elemente, die fast wie eigen geschaffene Rady-made aussehen so zu verbinden, dass diese Verknüpfungen prägnante, krafthaltige, unkonventionelle Skulpturen oder Installation bilden. Exemplarisch für die Gestaltung von Gegenständen aus der „Landwirtschaftskultur“ ist für Ebenbeck die Interpretation und Umdeutung fetischistischer apparatehafter Objekte. Der Magier von Niederbayern!
Die kraftstrotzende Überpointierung und Überdimensionierung des vier Meter hohen neugeschaffenen skulptural - kosmischen, radarartigen Steinobjekts von Stefan Calarasan, welches der Künstler mit einer arabeskartigen Geheimschrift verziert hat, strahlt unbewusst überirdische Energie aus, die uns überall begleitet. Seine Formsprache überrascht uns positiv, weil sie wie verzaubert die Umfeldlandschaft beeinflusst.
Dominierend ist auch die Holzhausartige Installation von Maxim Dumitras, welche durch ihr Außen und Innen die umgebende Natur aufsaugt. Der Austausch zwischen dem siebenbürgischblau der dortigen Bauernhäuser der in dieser Zusammenstellung dem innenstehenden Baum zugeordnet ist, wird durch die weissgetünchten Außenwände des angedeutenden Hauses, welches dem Kalktünchen der dortigen Bäume zugeordnet ist, in dieser Arbeit bewusst betont. Es handelt sich hier um eine tiefgründige künstlerische Interaktion. Das Weiss - tünchen mit Kalk der umliegenden Bäume im Beratzhauser Europahain macht somit das ganze Umfeld dieser Brancusi,C. 1914/15 Installation zur Landart. Das Binden von Außen und Innen in einer ganz anderen Formsprache wird uns durch die in Beratzhausen aufgestellten Skulptur von Alexander Ciutureanu majestätisch dargeboten. Die Rhythmen und Prinzipien der Formen lernte Ciutureanu meinem Empfinden nach genauso wie der große Meister des 20. Jahrhunderts Brancusi in seiner Heimat Rumänien , wo er mit der traditionsreichen Bauernkunst und der reich besehenen Natur Kontakt aufnahm. Durch das einfügen des Raumes in seine Skulpturen oder das Auszuhöhlen wird die Dreidimensionalität bewusst betont. Der umgebenden Natur wird die Möglichkeit geschaffen, sich in die Skulptur zu integrieren, sie wird also Bestandteil dieser.
Die Tatsache, dass der junge Barna Eltes einer Berg und Hügellandschaft Siebenbürgens entstammt, ist für seine Kunst nicht unwichtig. In dieser Landschaft mit Hügeln und Tälern, Felsen und Höhlen lernte er unter anderem die Achtung der Natur und des dort vorhandenen Arbeitsmaterials, sowie die archaische Formensprache der umliegenden Volkskunst kennen. Eltes verbindet in der hier gezeigten Skulptur das Weibliche der Hügellandschaft und das karge Männliche der Felsstollen. Es ist eine Skulptur, welche das innere Weibliche mit der phallusartigen Form des äußeren zu einer Einheit bindet.
Ein zeitgemäßes bildhauerisches „Der, Die“, das Objekt ! Symbol der Vereinung!
Dr. Ingo Glass, Kurator des Symposiums München den 15.07.2004